Analytics richtig lesen
Zahlen. Überall Zahlen. Prozente. Graphen. Metriken mit kryptischen Namen.
Und du sitzt da: "Was zur Hölle bedeutet das alles?"
Real talk.
90% der Analytics-Daten sind noise. Irrelevant. Ablenkung. Die interessieren nur Data-Scientists und Leute, die zu viel Zeit haben.
Die anderen 10%? Das sind die Goldnuggets. Die Zahlen, die dir sagen, was funktioniert. Was nicht. Und wo die nächsten 1000 Euro versteckt sind.
Lass mich dir zeigen, wie du Analytics-Dashboard öffnest ohne Kopfschmerzen zu bekommen.
Die einzige Frage, die zählt
Bevor du irgendeine Zahl checkst, frag dich:
"Was will ich mit dieser Info machen?"
Wenn die Antwort "Nichts, nur gucken" ist – skip it. Verschwende deine Zeit nicht.
Daten sind nur wertvoll, wenn sie zu Aktionen führen. Sonst ist es Voyeurismus.
Beispiel: "Instagram Impressions sind um 20% gestiegen." Ok. Cool. Und jetzt?
Wenn das nicht zu "Ich poste jetzt mehr von Typ X Content" oder "Ich investiere mehr in Instagram" führt – wen interessiert's?
Action-orientierte Analytics. Das ist der Mindset.
Die 7 Metriken, die du wirklich brauchst
Vergiss den Rest. Fokussiere dich auf diese sieben. Mehr brauchst du nicht.
1. Traffic (Besucher)
Wie viele Menschen kommen auf deine Website/Profil?
Wichtig: Nicht "Total Visits". Sondern "Unique Visitors". Eine Person, die 5x zurückkommt, ist weniger wertvoll als 5 neue Personen (meistens).
Wie du's interpretierst:
- Traffic steigt → Deine Sichtbarkeit wächst. Gut.
- Traffic stagniert → Du brauchst neue Marketing-Kanäle oder besseren Content.
- Traffic sinkt → Red alert. Algo-Change? Konkurrenz? Problem finden. Schnell.
2. Conversion Rate
Von 100 Besuchern, wie viele kaufen?
Das ist DIE wichtigste Zahl. Nicht Traffic. Conversion.
1000 Besucher mit 1% Conversion = 10 Käufe.
500 Besucher mit 4% Conversion = 20 Käufe.
Siehst du? Qualität > Quantität.
Was ist eine gute Conversion Rate?
- Unter 1% → Irgendwas stimmt nicht. Preis zu hoch? Vertrauen fehlt? Website schlecht?
- 1-3% → Solide. Durchschnitt für Creator-Businesses.
- 3-5% → Sehr gut. Du machst was richtig.
- Über 5% → Krass. Entweder Nische oder Premium-Position.
3. Traffic Sources (Woher kommen die Leute?)
Instagram? Google? Reddit? Direct Link?
Diese Info ist Gold. Weil sie dir sagt, wo du Zeit investieren sollst.
Beispiel aus der Praxis: Eine Creatorin stellte fest, dass 60% ihres Traffics von Reddit kam. 30% von Instagram. 10% Rest.
Was tat sie? Verdoppelte ihren Reddit-Effort. Reduzierte Instagram. Umsatz stieg um 40%.
Ohne Analytics? Sie hätte blind weiter auf Instagram gesetzt.
4. Bounce Rate (Absprungrate)
Wie viele Leute kommen auf deine Seite und gehen sofort wieder?
Hohe Bounce Rate (über 70%) = Problem.
Mögliche Gründe:
- Seite lädt zu langsam
- Content matcht nicht die Erwartung (falsches Marketing)
- Design ist scheisse (sorry, aber wahr)
- Mobile-Version ist broken
Niedrige Bounce Rate (unter 40%) = Leute sind interessiert. Stay.
5. Average Order Value (AOV)
Wie viel gibt ein Kunde durchschnittlich aus?
Diese Zahl zu erhöhen ist oft einfacher als mehr Kunden zu finden.
Beispiel: AOV ist 25 Euro. Du führst Bundles ein ("3 Sets für 60 statt 75"). AOV steigt auf 35 Euro. Bei gleicher Kundenzahl = 40% mehr Umsatz.
Magie? Nein. Analytics.
6. Customer Lifetime Value (CLV)
Wie viel gibt ein Kunde bei dir aus? Nicht bei EINEM Kauf. Sondern insgesamt.
Ein Kunde, der einmal 20 Euro ausgibt = 20 Euro CLV.
Ein Kunde, der 5x für je 30 Euro kauft = 150 Euro CLV.
Guess welchen Kunden du behalten willst?
Diese Metrik zeigt dir, ob du ein "One-Time-Purchase"-Business hast oder echte Kundenbindung.
7. Engagement Rate
Für Social Media. Likes, Comments, Shares geteilt durch Follower.
1000 Follower mit 10% Engagement (100 Interaktionen) > 10.000 Follower mit 1% Engagement (100 Interaktionen).
Kleinere, engaged Community schlägt große, tote Followerzahl. Jeden Tag.
Google Analytics für Absolute Beginners
Ok. Du hast eine Website. Du solltest Google Analytics (GA4) nutzen. Kostenlos. Mächtig.
Aber holy fuck, ist das Interface überwältigend.
Hier ist dein Survival-Guide:
Dashboard, das du brauchst:
1. Gehe zu "Reports" → "Acquisition" → "Traffic Acquisition"
Zeigt dir: Woher kommen deine Besucher? Instagram, Google, Direkt, etc.
2. Gehe zu "Reports" → "Engagement" → "Pages and Screens"
Zeigt dir: Welche Seiten werden am meisten besucht? Wo bleiben Leute hängen?
3. Gehe zu "Reports" → "Monetization" → "Ecommerce Purchases"
Zeigt dir: Was wird gekauft? Wie viel Umsatz machst du?
Das sind die drei Views. Mehr brauchst du nicht. Wirklich.
Custom-Reports? Brauchst du nicht. Noch nicht.
Wenn du 10.000 Euro Umsatz/Monat machst, können wir über advanced Analytics reden. Bis dahin: Keep it simple.
Instagram Insights: Was du wissen musst
Instagram ist wahrscheinlich deine Hauptplattform. Die Insights sind... okay. Nicht perfekt, aber nützlich.
Accounts Reached vs. Accounts Engaged
Reached = haben deinen Post gesehen.
Engaged = haben interagiert (Like, Comment, Share, Save).
Engagement Rate = Engaged / Reached.
Über 5% = sehr gut. Unter 2% = Content resoniert nicht.
Follower-Wachstum
Check nicht nur die Zahl. Sondern: Wann kommen neue Follower?
Beispiel: Du postest Dienstag um 19 Uhr → 50 neue Follower. Freitag um 9 Uhr → 5 neue Follower.
Lektion? Mehr Dienstag 19 Uhr Posts. Easy.
Top Posts
Welche Posts performen am besten? Kopiere das Format. Nicht den Inhalt – das Format.
Ein Close-up-Bild mit kurzem, witzigen Caption performt? Mach mehr davon.
Ein langes Carousel mit Story? Flopped? Probier's seltener.
Die gefährlichen Metriken (die dich in die Irre führen)
Nicht alle Zahlen sind hilfreich. Manche sind sogar schädlich.
Vanity Metric #1: Follower Count
"Ich hab 10k Follower!" Cool. Wie viele kaufen?
500 engaged Follower sind besser als 10.000 Ghosts. Immer.
Vanity Metric #2: Total Impressions
"Mein Post hatte 50.000 Impressions!" Und wie viele davon wurden zu Kunden?
Impressions ohne Conversion sind Masturbation. Fühlt sich gut an, bringt nichts.
Vanity Metric #3: Time on Site (sometimes)
Hohe Time on Site kann gut sein (Leute lesen viel) oder schlecht (Leute finden nicht, was sie suchen und irren rum).
Kontext ist alles. Kombiniere es mit Conversion Rate.
A/B-Testing: Dein wissenschaftlicher Approach
Ok. Du hast die Basics. Jetzt wird's spicy.
A/B-Testing = Du testest zwei Versionen. Siehst welche besser performed. Behältst die Gewinnerin.
Beispiel: Du weißt nicht, ob "Jetzt kaufen" oder "Set ansehen" besser konvertiert.
Also testest du:
- Version A: Button sagt "Jetzt kaufen"
- Version B: Button sagt "Set ansehen"
Beide laufen 1 Woche. Gleicher Traffic. Dann vergleichst du Conversion Rates.
Version A: 3.2% Conversion.
Version B: 4.1% Conversion.
Gewinner: Version B. Ab jetzt nur noch "Set ansehen".
(Mehr Details dazu in Kapitel 75 – A/B-Testing für Fußbilder.)
Wie oft solltest du Analytics checken?
Zu oft = Stress, Overthinking, keine Zeit für echte Arbeit.
Zu selten = Du verpasst Trends, Probleme, Chancen.
Meine Empfehlung:
Täglich (5 Minuten):
- Schneller Check: Verkäufe heute? Traffic ok? Crashes/Probleme?
Wöchentlich (30 Minuten):
- Deep-Dive: Traffic Sources, Top Posts, Conversion Trends
- Vergleich zur Vorwoche: Was ist besser/schlechter? Warum?
Monatlich (2 Stunden):
- Große Analyse: Welche Marketing-Kanäle lohnen sich? CLV-Entwicklung? AOV-Trends?
- Strategische Entscheidungen: Wo investiere ich nächsten Monat mehr/weniger Zeit?
Das ist die Balance. Informiert ohne overwhelmed zu sein.
Tools, die dir das Leben leichter machen
Google Analytics ist gut. Aber overwhelming. Hier sind Alternativen.
Plausible / Fathom
Simplifizierte Analytics. Alle wichtigen Zahlen auf EINER Seite. Kein Menü-Dschungel.
Kostet 9-15 Euro/Monat. Lohnt sich, wenn dir GA4 zu kompliziert ist.
Metricool
Für Social Media. Zeigt Instagram, TikTok, Twitter, etc. alle zentral.
Kostenlose Version reicht für den Start. Pro (ca. 15€) wenn du mehrere Accounts hast.
Simple Analytics
GDPR-compliant. Keine Cookies. Für Europa-basierte Creators perfekt.
Von Daten zu Decisions: Der Prozess
Ok. Du hast die Zahlen. Jetzt was?
Hier ist mein Framework:
1. Beobachten
Schau die Daten an. Ohne Urteil. Einfach sammeln.
2. Muster erkennen
"Hmm, Conversion ist am Wochenende immer niedriger. Interessant."
3. Hypothese bilden
"Vielleicht haben Leute am Wochenende weniger Budget/Zeit für Käufe?"
4. Testen
"Ich poste am Wochenende mehr 'Save for later'-Content statt direkten Sales-Pitches."
5. Messen
Hat sich was geändert? Besser? Schlechter? Gleich?
6. Adaptieren
Wenn besser → behalten. Wenn schlechter → verwerfen. Nächste Hypothese.
Das ist wissenschaftliches Business-Management. Kein Raten. Daten-getrieben.
Die häufigsten Analytics-Fails
Weil ich diese Fehler zu oft sehe:
Fail #1: Paralysis by Analysis
So viele Daten. So viele Möglichkeiten. Resultat? Nichts passiert.
Lösung: Eine Zahl pro Woche fokussieren. Eine Action daraus ableiten. Execute.
Fail #2: Kurzsichtige Entscheidungen
"Traffic ist diese Woche um 10% gesunken! PANIC!"
Eine Woche ist noise. Schau Trends über 4-8 Wochen. Dann entscheiden.
Fail #3: Kontext ignorieren
"Verkäufe sind im Dezember um 50% gestiegen!" Cool. Oder... war das Weihnachtsgeschäft?
Vergleiche Äpfel mit Äpfeln. Dezember 2024 mit Dezember 2023. Nicht mit November 2024.
Fail #4: Setup vergessen
Analytics-Tool installiert. Aber keine Goals definiert. Keine Events getrackt. Resultat? Halbgare Daten.
Nimm dir 2 Stunden für richtiges Setup. Zahlt sich 1000x aus.
Dein Analytics-Cheatsheet
Bookmark diese Seite. Hier ist alles auf einen Blick:
Top 7 Metriken:
- Traffic (Unique Visitors)
- Conversion Rate (Ziel: 1-5%)
- Traffic Sources (Wo Zeit investieren?)
- Bounce Rate (unter 70%)
- Average Order Value
- Customer Lifetime Value
- Engagement Rate (über 3%)
Check-Frequenz:
- Täglich: 5 Min Quick-Check
- Wöchentlich: 30 Min Deep-Dive
- Monatlich: 2h Strategie-Session
Action-Framework:
Beobachten → Muster erkennen → Hypothese → Testen → Messen → Adaptieren
Das war's. Analytics in einer Nussschale.
Jetzt hör auf zu lesen und geh deine Zahlen checken. Aber remember: Daten ohne Action sind wertlos.
Also. Was wirst du ändern basierend auf dem, was du siehst?
Zusammenfassung
- Fokus auf 7 Kern-Metriken: Traffic, Conversion, Sources, Bounce Rate, AOV, CLV, Engagement
- Vanity Metrics (Follower, Impressions) ignorieren – fokussiere auf Conversion
- Check täglich 5 Min, wöchentlich 30 Min, monatlich 2h
- Von Daten zu Action: Beobachten → Hypothese → Testen → Messen → Adaptieren
- Tools: GA4 (kostenlos), Plausible (einfach), Metricool (Social Media)
- Vermeide Paralysis by Analysis – eine Metrik, eine Action pro Woche