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Kapitel 59: Impressumspflicht & Scheinselbstständigkeit

Impressum. Das Wort, das jeden anonymen Creator nervös macht. Du willst anonym bleiben. Aber das Gesetz will deine Adresse. Öffentlich. Kann man das umgehen? Spoiler: Ja. Irgendwie. Lass uns durchgehen wie.

Was ist ein Impressum überhaupt?

Ein Impressum ist die "Anbieterkennzeichnung". Wer steckt hinter der Website/dem Geschäft? Wie kann man dich erreichen?

In Deutschland regelt das §5 TMG (Telemediengesetz). In Österreich §25 MedienG. Schweiz: Art. 3 UWG (teilweise).

Was muss rein (Deutschland)?

  • Name: Bei Einzelpersonen der echte Name (Vor- und Nachname)
  • Adresse: Postanschrift (keine Postfächer, außer bei zusätzlicher echter Adresse)
  • Kontakt: Email, Telefon (Telefon ist optional, aber empfohlen)
  • Bei Unternehmen: Rechtsform, Registernummer, Vertretungsberechtigte, etc.

Klingt harmlos. Ist es aber nicht. Weil: Deine echte Adresse. Öffentlich. Für jeden einsehbar.

Wann brauchst du ein Impressum?

Du brauchst eins, wenn:

  • Du eine geschäftliche Website hast (Blog, Portfolio, Shop)
  • Die Website nicht rein privat ist (sobald du Geld verdienst = geschäftlich)
  • Die Website öffentlich zugänglich ist

Du brauchst KEINS, wenn:

  • Du nur auf Plattformen verkaufst (OnlyFans, FeetFinder, Reddit, etc.)
  • Du keine eigene Website hast
  • Deine Website rein privat ist (kein Geschäft, kein Geld)

Also: Kein eigener Webshop = kein Impressum nötig. Easy.

Aber was, wenn du doch eine Website willst?

Problem: Impressum vs. Anonymität

Du willst anonym bleiben. Aber das Impressum verlangt deine echte Adresse.

Das ist ein Dilemma. Aber es gibt Lösungen.

Lösung 1: Keine eigene Website

Die einfachste Lösung. Verkaufe nur über Plattformen. OnlyFans, FeetFinder, Reddit, Telegram.

Kein Impressum nötig. Kein Problem.

Nachteile:

  • Abhängig von Plattformen (Gebühren, Regeln, Account-Sperrungen)
  • Keine eigene Marke/Website
  • Weniger professionell

Aber für die meisten Creator? Völlig ausreichend.

Lösung 2: Impressumsservice

Es gibt Anbieter, die dir eine Adresse für dein Impressum zur Verfügung stellen. Legal. Gegen Gebühr.

Wie funktioniert's?

  • Du meldest dich bei einem Impressumsservice an
  • Sie geben dir eine Adresse (meist ihre Geschäftsadresse)
  • Du nutzt diese im Impressum
  • Post, die dorthin geht, wird an dich weitergeleitet (oder gescannt/digital)

Vorteile:

  • Deine echte Adresse bleibt geheim
  • Legal (wenn korrekt gemacht)
  • Professionell

Nachteile:

  • Kostet Geld (ca. 10-30€/Monat)
  • Du musst den Service vertrauen

Anbieter (Beispiele):

  • COMA AG: Schweizer Anbieter, bekannt, seriös. Ab ca. 15€/Monat.
  • Impressum24: Deutscher Anbieter. Ab ca. 9,90€/Monat.
  • PostAdress: Virtuelle Geschäftsadresse. Ab ca. 20€/Monat.

Check die AGB. Manche Anbieter sind spezialisiert auf Impressumsservice, andere auf allgemeine Geschäftsadressen.

Lösung 3: Postfach / Packstation

Manche nutzen Postfächer als Adresse im Impressum.

Problem:

Das ist rechtlich grau. In Deutschland verlangt §5 TMG eine "ladungsfähige Anschrift". Postfächer sind das oft nicht.

Es kann funktionieren. Aber wenn dich jemand abmahnt, könnte es Ärger geben.

Alternative:

Packstation + zusätzliche Adresse (z.B. Impressumsservice). Dann ist die Packstation für Post, die Impressumsadresse für rechtliche Zwecke.

Lösung 4: UG (Unternehmergesellschaft) gründen

Eine UG ist eine Mini-GmbH. Kostet nur 1€ Stammkapital (daher "1-Euro-GmbH").

Vorteil:

  • Im Impressum steht die UG, nicht dein Name
  • Du kannst eine Geschäftsadresse nutzen (Impressumsservice)
  • Haftungsbeschränkung (du haftest nur mit Firmenvermögen, nicht privat)

Nachteil:

  • Bürokratie (Gründung, Buchführung, Jahresabschluss)
  • Kosten (Notar ca. 300-500€, Handelsregister ca. 150€, laufende Kosten)
  • Nicht wirklich anonym (UG-Gesellschafter sind im Handelsregister einsehbar)

Nur sinnvoll bei hohen Einnahmen oder wenn du eh vorhast, professionell zu expandieren.

Lösung 5: Im Ausland registrieren

Manche Creator gründen eine Firma in einem Land mit weniger strengen Impressumspflichten (z.B. USA, UK).

Vorteil:

  • Andere Rechtslage
  • Eventuell keine Adresspflicht

Nachteil:

  • Kompliziert
  • Steuern im Ausland (doppelte Buchführung)
  • Nicht wirklich anonym (internationale Meldepflichten)

Für 99% der Creator: Overkill. Nicht empfehlenswert.

Was passiert bei fehlendem Impressum?

Abmahnung:

  • Von Konkurrenten oder Abmahn-Anwälten
  • Kosten: 500-5.000€ (je nach Fall)
  • Du musst das Impressum nachliefern + Kosten zahlen

Bußgeld:

  • Bis zu 50.000€ (in der Praxis bei kleinen Websites selten so hoch)

Risiko:

Bei kleinen Creator-Websites ist das Risiko gering. Aber es besteht. Besonders wenn du erfolgreich wirst (Neid → Abmahnung).

Impressum richtig einbinden

Wenn du eins hast, muss es:

  • Leicht erkennbar: "Impressum" als Link im Footer/Header
  • Unmittelbar erreichbar: Max. 2 Klicks von jeder Seite
  • Jederzeit verfügbar: Nicht hinter Login verstecken

Beispiel:

Impressum

Angaben gemäß § 5 TMG

Musterfrau GmbH

Musterstraße 123

12345 Musterstadt

Kontakt: info@example.com

Oder bei Impressumsservice:

Impressum

Angaben gemäß § 5 TMG

Max Mustermann

c/o COMA AG

Gerbergasse 5

4001 Basel, Schweiz

Email: kontakt@example.com

Scheinselbstständigkeit — was ist das?

Jetzt zum zweiten Teil: Scheinselbstständigkeit.

Du bist selbstständig. Oder? Nicht immer. Manchmal bist du faktisch Angestellter, aber als Selbstständiger gemeldet.

Das nennt man Scheinselbstständigkeit. Und es ist illegal.

Wann liegt Scheinselbstständigkeit vor?

  • Du arbeitest nur für einen Auftraggeber (keine anderen Kunden)
  • Der Auftraggeber bestimmt, wann/wie/wo du arbeitest
  • Du bist in die Betriebsabläufe des Auftraggebers eingebunden
  • Du hast keine eigenen Betriebsmittel (nutzt nur die des Auftraggebers)
  • Du trägst kein unternehmerisches Risiko

Scheinselbstständigkeit beim Content Creation?

Als Content Creator? Normalerweise kein Problem.

Warum?

  • Du hast mehrere Kunden (nicht nur einen)
  • Du bestimmst selbst, wann/was du machst
  • Du bist nicht in Betriebsabläufe einer Firma eingebunden
  • Du nutzt deine eigenen Geräte (Kamera, Handy, etc.)
  • Du trägst unternehmerisches Risiko (keine Garantie auf Einnahmen)

Auch wenn du auf einer Plattform (OnlyFans) verkaufst: Du bist NICHT Angestellter von OnlyFans. Du bist selbstständiger Creator. OnlyFans ist nur die Plattform.

Wann wird's kritisch?

Scheinselbstständigkeit wird zum Problem, wenn:

  • Du einen festen Vertrag mit einer Agentur hast, die dir alles vorschreibt
  • Die Agentur bestimmt, wann/wie viel Content du lieferst
  • Du keine anderen Kunden hast
  • Du faktisch wie ein Angestellter arbeitest, aber als Freelancer bezahlt wirst

In solchen Fällen: Vorsicht. Die Agentur spart sich Sozialabgaben. Du trägst alle Risiken. Wenn's auffliegt, gibt's Ärger.

Was passiert bei Scheinselbstständigkeit?

Für dich als "Scheinselbstständiger":

  • Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (für bis zu 4 Jahre rückwirkend)
  • Steuerliche Nachteile
  • Ggf. Bußgelder

Für den Auftraggeber:

  • Nachzahlung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung
  • Bußgelder (bis zu 500.000€)
  • Strafverfahren bei Vorsatz

Wie vermeidest du Scheinselbstständigkeit?

  • Mehrere Kunden haben: Nicht nur für eine Plattform/Agentur arbeiten.
  • Selbstbestimmung: Du entscheidest, wann/was du machst.
  • Eigene Betriebsmittel: Deine Kamera, dein Handy, dein Equipment.
  • Unternehmerisches Risiko: Keine Garantie auf festes Gehalt.
  • Rechnungen schreiben: Nicht Stundenzettel wie ein Angestellter.

Status-Check: Bist du wirklich selbstständig?

Teste dich selbst:

  • Hast du mehrere Einnahmequellen? (Ja = gut)
  • Bestimmst du selbst deine Arbeitszeiten? (Ja = gut)
  • Nutzt du deine eigenen Geräte? (Ja = gut)
  • Trägst du Risiko? (Ja = gut)
  • Kannst du Aufträge ablehnen? (Ja = gut)

Mehr als 3x "Ja"? Du bist wahrscheinlich echt selbstständig.

Mehr als 3x "Nein"? Vorsicht. Könnte Scheinselbstständigkeit sein.

Praxis-Tipps

1. Diversifiziere

Verkaufe auf mehreren Plattformen. Reddit, OnlyFans, FeetFinder, privat. Nicht nur eine.

2. Dokumentiere

Halte fest, dass du selbstbestimmt arbeitest. Rechnungen, Verträge, Emails.

3. Verträge checken

Wenn eine Agentur dir einen Vertrag gibt: Lies ihn. Steht da was von "festen Arbeitszeiten"? "Exklusivität"? Red Flag.

4. Bei Unsicherheit: Statusfeststellungsverfahren

In Deutschland kannst du bei der Deutschen Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren beantragen. Die prüfen, ob du wirklich selbstständig bist.

Zusammenfassung

Impressum:

  • Brauchst du nur bei eigener Website
  • Lösungen: Kein Website, Impressumsservice, UG gründen
  • Bei fehlendem Impressum: Abmahnung möglich

Scheinselbstständigkeit:

  • Als Content Creator normalerweise kein Problem
  • Vermeide: Exklusiv-Verträge, feste Arbeitszeiten, Abhängigkeit von einem Auftraggeber
  • Sei echt selbstständig: Mehrere Kunden, Selbstbestimmung, unternehmerisches Risiko

Rechtliches ist kompliziert. Aber mit den richtigen Strategien umschiffbar. Impressumsservice nutzen. Diversifizieren. Selbstbestimmt arbeiten.

Dann schläfst du ruhig.